Erwerbsteuer

Erwerbsteuer
Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen, Erwerbsbesteuerung. 1. Begriff: Eine besondere Erhebungsform der  Umsatzsteuer, die seit 1993 bei innergemeinschaftlichen Warenlieferungen an die Stelle der  Einfuhrumsatzsteuer getreten ist, weil diese EU-intern mit dem Wegfall der Grenzkontrollen nicht mehr praktikabel zu erheben gewesen wäre.
- 2. Rechtsgrundlagen: Innerhalb der EU ist die E. einheitlich durch Vorgaben der Sechste EG-Richtlinie über die Harmonisierung der Umsatzsteuer geregelt. Rechtsgrundlage in Deutschland ist das Umsatzsteuergesetz (§§ 1 I Nr. 5 UStG, 1a UStG, § 3d UStG).
- 3. Grundprinzip: Gehört der Käufer eines Gegenstands zu einer Personengruppe, bei der der Gesetzgeber typischerweise die Erfüllung umsatzsteuerlicher Pflichten für zumutbar hält, wird bei innergemeinschaftlichen Warenlieferungen entgegen den sonstigen Prinzipien der Umsatzsteuer der Käufer der Ware verpflichtet, die Entrichtung der Umsatzsteuer zu übernehmen. Im Gegenzug wird für den Verkäufer eine Steuerbefreiung für die betreffende Lieferung vorgesehen ( innergemeinschaftliche Lieferung). Diese Regelung hat den Hintergrund, dass die Umsatzsteuer im Bestimmungsland der Ware entrichtet werden soll und es daher im Normalfall für alle Beteiligten einfacher ist, die Umsatzsteuer vom Kunden zu erheben als von dem in einem anderen Land ansässigen liefernden Unternehmer.
- 4. Erwerbsteuerpflichtige Personen sind: a) Alle Unternehmer, die bereits den normalen Umsatzsteuerregelungen unterliegen, unabhängig davon, wie viele Waren sie aus anderen Mitgliedstaaten erwerben; b) nur dann, wenn ihre Erwerbe pro Jahr eine bestimmte Bagatellgrenze überschreiten ( Erwerbsschwelle), ferner auch die sog. Halbunternehmer, nämlich: (1) Steuerbefreite Kleinunternehmer, (2) pauschal besteuerte Land- und Forstwirte, (3) Unternehmer, deren Umsätze allesamt steuerfrei sind, (4) juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder nicht als Unternehmer handeln.
- 5. Bemessungsgrundlage ist das (Netto-)Entgelt zuzüglich evtl. hinzukommender Verbrauchsteuern im Land des Erwerbers.
- 6. Steuersatz ist der Steuersatz, der in dem Bestimmungsland der Ware auch für den Verkauf des betreffenden Gegenstands angewandt werden würde ( Umsatzsteuer).
- 7. Technische Abwicklung: Wenn ein Kunde der E. unterliegt, bleibt gleichwohl der Lieferant in seinem eigenen Staat mit dem getätigten Umsatz steuerbar und muss für die Steuerbefreiung nachweisen, dass der Kunde der E. unterliegt. Kontrolle der beidseitigen Angaben erfolgt durch Pflicht der Lieferanten, den Betrag der innergemeinschaftlichen Lieferanten an jeden Erwerber einzeln zu deklarieren (zusammenfassende Meldung) und darauf gestützten zentralen Datenaustausch zwischen den EU-Staaten. Für diese Zwecke wird jeder beteiligte Unternehmer durch Umsatzsteuer-Identifikationsnummern eindeutig identifiziert.
- 8 Alternativen zur Erwerbsbesteuerung: Liegt bei einer innergemeinschaftlichen Warenlieferung keine Pflicht zur E. vor, dann wird die Steuer für den Umsatz vom Lieferanten getragen, und zwar entweder in seinem Heimatstaat ( Ursprungslandprinzip) oder im Bestimmungsland der Ware (sofern die sog.  Versandhandelsregelung greift).
- 9. Sonderfall:  Verbringung.
- 10. Vorsteuerabzug: Unternehmer, die zum  Vorsteuerabzug berechtigt sind, können die E. im Voranmeldungszeitraum ihrer Entrichtung als Vorsteuer abziehen, wenn sie die erworbenen Gegenstände für unternehmerische Zwecke verwenden und kein Anlass zum vollständigen oder anteiligen Vorsteuerausschluss besteht.

Lexikon der Economics. 2013.

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